Frühzeit und Mittelalter
Um das Jahr 850 errichteten Missionare, die der Bischof von Minden ausgesandt hatte, im Oertzetal eine Taufkapelle, die sie nach den ersten Missionaren und Uraposteln Petrus und Paulus benannten. Die Kapelle befand sich schon an der Stelle, an der heute die St Peter-Paul Kirche steht.
Bei der Neugestaltung der Kirche in den Jahren 1956-1959 fand man ihre alten Grundmauern. Dabei entdeckte man auch ein altes Bronze-Kruzifix (Darstellung des gekreuzigten Christus) von 12 cm Größe, eine Arbeit im romanischen Stil, aus dem zehnten Jahrhundert. Eine originalgetreue Kopie dieses wertvollen Kruzifixes ist in der Gebetsecke im linken hinteren Teil des Kirchenschiffes ausgestellt.
Einen Ort Hermannsburg gab es zu dieser Zeit noch nicht, nur einzelne Höfe und wahrscheinlich einige der umliegenden Dörfer, die zum heutigen Kirchspiel gehören.
Hermannsburg, das 1059 erstmals urkundlich erwähnt ist, bekam seinen Namen durch den Grafen Hermann Billung (+973), einem Verwandten des ersten Deutschen Kaisers, Ottos des Großen. Billung ließ die Gegend um die Kirche besiedeln und errichtete eine Schutzburg, über deren Standort es heute allerdings nur Vermutungen gibt.
Zu Billungs Lebzeiten wurde der Ort mit den umliegenden Dörfern Baven, Beckedorf, Bonstorf, Oldendorf, Weesen und Müden [seit 1440 selbstständig] ein fester Pfarrbezirk. Es wurde eine neue Kirche im romanischen Stil gebaut. Wie lange diese Kirche gestanden hat, ist nicht mehr festzustellen. Wahrscheinlich fiel sie einem Brand zum Opfer und wurde um 1450 durch eine gotische Kirche ersetzt.
Aus dem Mittelalter gibt es ansonsten nur spärliche Nachrichten aus dem Leben der Gemeinde.
Reformation und Neuzeit
Während der Reformationszeit war Ernst der Bekenner, Herzog in Celle, Patron der Kirche. Er hat das lutherische Bekenntnis in Augsburg mit unterschrieben. Schon 1527 hat er sein Gebiet der Reformation erschlossen.
Pastor Osterodt, der von 1513 bis 1543 Pastor an St. Peter-Paul war, predigte nach lutherischem Verständnis. Die Gemeinde sang Luthers Lieder, und die Kinder wurden nach dem Kleinen Katechismus Luthers unterwiesen.
Aus den folgenden Jahrhunderten wird berichtet, dass die Gemeinde sehr darauf achtete, recht unterwiesen und getröstet zu werden. So war sie bereit für jene “Erweckung“ (etwa ab 1845), die Hermannsburg im weiten Umkreis bekannt machte und zur Gründung einer Mission führte.
Ludwig Harms (1808 – 1865) - Gründer der Hermannsburger Mission
1817 wurde Christian Harms aus Walsrode zum Pastor von Hermannsburg bestimmt. Er war von den Gedanken der Aufklärung berührt, aber kein typischer Verfechter dieser Bewegung. Harms brachte seinen damals neunjährigen Sohn Ludwig (* 5. Mai 1808) mit. Dessen Bruder Theodor (+1885) wurde 1818 in Hermannsburg geboren. Beide Brüder studierten Theologie und mussten sich mit den Gedanken der Aufklärung auseinandersetzen. Ludwig hat es sich nicht leicht gemacht, aber am Ende dieses geistigen Ringens stand für ihn die Gewissheit fest, die er im Johannesevangelium (Joh. 17, 3) fand: „Das ist das wahrhaftige Leben, dass sie dich, der du allein wahrer Gott bist, und den du gesandt hast, Jesum Christum, erkennen.“
Von dieser Gewissheit war fortan sein Leben geprägt. Nach dem Studium war Ludwig Harms zehn Jahre als Hauslehrer tätig. In Lauenburg kam er mit anderen Christen zusammen, die sich gleichfalls als „Erweckte“ bezeichneten. Sie gründeten einen Missionsverein. Bald war Ludwig einer der eifrigsten unter ihnen. Am liebsten wäre er selbst Missionar geworden, aber seit einem winterlichen Unglücksfall - er brach im Eis ein - war er ein kranker Mann. Ludwig Harms blieb also im Lande, wurde Gehilfe seines alternden Vaters und nach dessen Tod 1849 sein Nachfolger in Hermannsburg.
Mit der Hilfe seiner erweckten und opferwilligen Gemeinde richtete Ludwig Harms schon am 12. Oktober 1849 ein Seminar für die Ausbildung von Missionaren ein. Sein Bruder Theodor unterrichtete dort die Kandidaten über eine Zeit von je fünf Jahren hinweg. Nach Ludwigs Tod am 14. November 1865 wurde Theodor Pastor der Gemeinde und Vorsteher der Mission.
Ludwig Harms wohnte im Pfarrhaus Billingstraße 17 (schräg gegenüber der Kirche), das 1984 zu einem Haus für die Gemeindearbeit umgebaut wurde. Diesem Haus gegenüber befand sich die alte Pfarrscheune, seit 1968 gleichfalls ein Haus für Gemeindeaktivitäten (Plathnerhaus).
Theodor Harms und die Separation
1866 wurde das Königreich Hannover eine preußische Provinz. Ebenso wie die beginnende Industrialisierung mit ihren gesellschaftlichen Veränderungen erfüllte diese neue Entwicklung Theodor Harms mit großer Sorge. Er sah darin nicht zuletzt eine Gefährdung der Hannoverschen lutherischen Kirche. Denn es schien eine Zeit lang so, dass diese in den unierten Kirchenverband der Preußen integriert werden sollte.
Als nun 1876 der damalige Reichskanzler von Bismarck die Standesämter einrichtete, die vor der kirchlichen Segnung der Ehe eine bürgerliche Eheschließung verlangten, weigerte sich Theodor Harms, sich diesem Verfahren zu unterwerfen. Aus Gewissensgründen lehnte er es ab, die von der Landeskirche beschlossene neue Trauformel anzuwenden. Es kam zu einem Streit, an dessen Ende er abgesetzt wurde. Daraufhin traten etwa zwei Drittel der Gemeinde aus der Landeskirche aus und gründeten am 13. Februar 1878 die lutherische Kreuzgemeinde. Bis heute sind in Hermannsburg die Folgen der damaligen Trennung in Gestalt der beiden Kreuzgemeinden (Große und Kleine Kreuzgemeinde), heute unter dem Dach der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) verbunden, wahrzunehmen.
Die weitere Entwicklung bis heute
Nach der Absetzung von Theodor Harms als Pastor der landeskirchlichen Gemeinde wurde Friedrich Plathner (+ 1917) Pastor der St. Peter-Paul Gemeinde. Nach ihm ist das ältere Gemeindehaus in der Billingstraße „Plathnerhaus“ benannt.
Die Gemeinde wuchs nach dem Aderlass von 1878 durch Geburten und Zuzug, besonders nach 1945, auf knapp 5.000 Gemeindeglieder. Im Jahr 1960 konnte deshalb eine zweite Pfarrstelle errichtet werden. Das zweite Pfarrhaus, das damals erworben wurde, steht direkt neben der Kirche.
Heute ist die Zahl der Mitglieder auf ca. 4.200 Mitglieder zurückgegangen und infolge dessen musste leider die zweite Pfarrstelle auf eine halbe reduziert werden.
Da nicht nur die Zahl der Gemeindemitglieder, sondern auch die landeskirchlichen Zuschüsse zurückgegangen sind, hat der Kirchenvorstand im Jahre 2007 die St. Peter-Paul-Stiftung gegründet, deren Zweck eine eigenständige finanzielle Förderung des Gemeindelebens ist. Die Stiftung soll einen nachhaltigen Beitrag zur Zukunftssicherung der St. Peter-Paul-Geminde leisten.
Die St. Peter-Paul Gemeinde und die Hermannsburger Mission
Durch die lebendige Verbindung zur Hermannsburger Mission (heute: Ev.-luth. Missionswerk in Niedersachsen/ELM) hat die Gemeinde immer eine Öffnung zur Welt hin erfahren. Missionare, die aus ihrer Arbeit berichten, Gäste aus Partnerkirchen in Übersee und die Bildungseinrichtungen (z.B. das Evangelische Bildungszentrum / Heimvolkhochschule Hermannburg, das Ludwig-Harms-Haus oder die Fachhochschule für Interkulturelle Theologie Hermannsburg), die in Folge der Mission am Ort entstanden, sorgen dafür, dass Kirche hier als Teil der weltweiten Kirche erlebt und verstanden wird.